Ich gebe dir Tipps, wie du dein Wohnzimmer so einrichtest, dass du bei Stress wieder durchatmen und Kraft schöpfen kannst. Dabei beziehe ich mich auf Hochsensible und alle Menschen, die ihr Nervensystem zu Hause beruhigen möchten.
Vorab möchte ich erwähnen, dass Stress – insbesondere krank machender – nicht ausschließlich durch äußere Reize hervorgerufen wird, sondern viel tiefer geht. Hier bedarf es einer Therapie (ich weiß, wovon ich spreche: Ich bin hochsensibel und hatte 2022 einen Burn-out). Ich gebe in diesem Blogbeitrag lediglich Tipps, wie dich dein Wohnzimmer vor Stress schützt und das Nervensystem beruhigen kann.
Was stresst uns zu Hause?
Ein hochsensibler Mensch ist äußeren Reizen schutzlos ausgeliefert. Wir hören den Straßenlärm, die Musik, die aus einem Autoradio trällert, die Unterhaltung beider Mütter und die sich gerade zufällig vor einem Geschäft getroffen haben. Dazu spüren wir, wie uns der kalte Wind um die Ohren bläst, die Socken rutschen und riechen den Geruch von Frittiertem, der aus dem Bistro an der Ecke strömt, außerdem bemerken wir, dass die Buchstaben der Leuchtreklame unregelmäßig blinken. Alles gleichzeitig. Das Nervensystem ist ständig überreizt.
Zu Hause angekommen, sehnen wir uns nach Ruhe und Entspannung. Am liebsten möglichst reizarm, damit sich das Nervensystem beruhigen kann.
Warum gelingt das oft nicht, und was hat die Einrichtung damit zu tun?
Um sich zu Hause wohl und sicher zu fühlen, benötigen wir Räume, in denen wir uns geborgen fühlen. Unruhe – sei es durch Lautstärke, Unordnung oder einen bunten Mix aus Möbeln und Dekorationsartikel, ruft Stress hervor.
Ich zeige dir, worauf du achten kannst, wenn du als hochsensibler Mensch dein Wohnzimmer zu deinem gemütlichen Entspannungsort machen möchtest. Diese Tipps sind auch für Menschen, die sich aktuell in einer Depression oder in einem Burn-out befinden, anwendbar.
1. Ein hallender Raum sorgt für Unbehagen
Kein Mensch kann sich in einem Wohnzimmer mit schlechter Akustik wohlfühlen. Wenn wir uns unterhalten, haben wir das Gefühl, in einer großen Halle zu stehen – ich kann mir keinen ungemütlicheren Ort als eine Bahnhofshalle vorstellen. Dabei benötigen wir fürs Wohlbefinden unbedingt ein Kokon-Gefühl.
Schuld an hallenden Räumen sind glatte Oberflächen wie Hochglanzmöbel, Glasoberflächen, Ledersofas, Fliesen- oder Laminatböden, fehlende Teppiche und Vorhänge. Stell dir ein Wohnzimmer mit Ledersofa, dazu Kissen aus Seide, einen Couchtisch aus Glas und Hochglanzmöbeln vor. Horror in Bezug auf die Akustik. So spielen die Schallwellen Pingpong und das überreizt auf Dauer.
Mein Tipp für eine angenehme Akustik: Lege einen großen weichen Teppich unter den Couchtisch, achte bei Dekokissen auf weiche Textilien – Samt eignet sich hervorragend, entscheide dich für ein Sofa mit weichem Bezug wie Cord, hänge Vorhänge (nein, keine Schiebevorhänge) auf. Je angerauter die Oberfläche des Stoffes, desto mehr Schall wird absorbiert. Vermeide Möbel mit sehr glatten Oberflächen.
Auch eine durchdachte Wandgestaltung kann einem Wohnzimmer schnell helfen, gemütlicher zu wirken. Sei es mit Akustikpaneelen aus Holz, einem großen Leinwandbild oder auch einer Strukturtapete. Je mehr Wandfläche durch eine Struktur verdeckt wird, desto angenehmer die Akustik.
Solltest du aktuell bauen oder es vorhaben, achte darauf, Fenster zu wählen, die schalldicht schließen und vermeide Glastüren innerhalb – auch wenn sie aktuell im Trend liegen. Vor allem im Homeoffice, wenn du viel telefonierst, ist eine angenehme Akustik essenziell, um dich konzentrieren zu können. Hierfür gibt es Deckensegel aus Filz, die den Schall absorbieren.
2. Textilien sorgsam auswählen: Lieber kuschlig warm als kalt und glatt
Als hochsensibler Mensch reagierst du empfindlich auf Hautberührungen. Raue Textilien wie Jute oder kalte wie Leder, lassen ein Unwohlsein bei dir zurück. Du wirst im Sommer am Leder kleben bleiben und im Winter darauf herumrutschen. Den Jute-Teppich möchtest du barfuß am liebsten nicht berühren und läufst um ihn herum. Ein hochsensibler Mensch kann all das nicht ausblenden. Es nervt und ein Zuhause darf nicht nerven.
Mein Tipp für die Wahl von Textilien: Sorge dafür, dass sich alle Textilien weich und angenehm auf der Haut anfühlen. Flauschige Teppiche, in den man gerne seine nackten Füße gräbt, kuschlige Kissenbezüge, die sich wie eine weiche Wolke anfühlen, wenn wir ein Nickerchen auf dem Sofa machen, eine weiche, schwere Kuscheldecke, deren Gewicht dich beruhigt. Vermeide im Wohnzimmer und im Schlafzimmer den Einsatz von Outdoorteppichen, Jute und Leder.
Und weil du höchstwahrscheinlich Schmutz und Dreck nur schwer aushalten kannst, achte bei der Wahl von Dekokissen auf abnehmbare Kissenbezüge und auch auf eine waschbare Sofadecke.
3. Zu viele offene Regale sorgen für Unruhe
Jeder braucht Stauraum – für dich als hochsensiblen (bzw. depressivem oder Burn-out geplagtem) Menschen ist es wichtig, einen höheren Anteil an geschlossenem Stauraum einzusetzen, als es ein durchschnittlich sensibler Mensch bräuchte. Denn viele kleinteilige Gegenstände, die auf Regalen oder Sideboards stehen, sorgen für optische Unruhe und Unruhe, fördert Stress.
Mein Tipp für Regale und Kommoden: Entscheide dich für Regale, die viele geschlossene Fächer haben und Kommoden mit Schranktüren oder Schubladen. Falls du kein neues Regal anschaffen möchtest, kannst du mit Boxen arbeiten – die gibts auch mit kleinen Schubfächern. Achte bei der Farbauswahl dabei keinen zu großen Kontrast zum Regal und dem offen sichtbaren Inhalt zu schaffen.
Falls du gerne liest und deine Bücher sichtbar präsentieren möchtest, sortiere deine Bücher doch mal farblich. Das verschafft optische Ruhe im Bücherregal. Keine Sorge, falls du nach einem bestimmten Buch suchst: Wir erinnern uns oft besser an die Farbe eines Buches als an die Schrift des Titels auf dem Buchrücken.
Entferne zu kleinteilige Deko oder gruppiere sie auf einem Tablet oder Buch, damit das Auge die Dekoration als ein Objekt erfassen kann und nicht bei jedem Teil hängen bleiben muss.
Auch Pflanzen wirken beruhigend auf einen Raum. Wähle welche mit großen Blättern aus statt Bäumchen mit vielen kleinen Blättern. Je mehr Blätter vorhanden sind, desto unruhiger wirkt das Gesamtbild der Pflanze und desto mehr Blätter lässt sie auch fallen.
4. Gemütliches Ambiente mit nur einer Leuchte: unmöglich
Dieser Punkt wird häufig unterschätzt und stiefmütterlich behandelt. Beleuchtung macht den Großteil eines Ambientes aus. Mit geschickt eingesetzter Beleuchtung erschafft Licht erst die gewünschte Stimmung.
Hotels, Restaurants und Geschäfte geben sehr viel Geld für Beleuchtungskonzepte aus, um das Ambiente zu schaffen, das Kunden in ihrem (Kauf-)Verhalten beeinflusst.
Als Interior-Designerin sehe ich in beinahe jedem Wohnzimmer lediglich eine Beleuchtungsmöglichkeit: ein einziges Deckenlicht – das allein, das sorgt für Unbehagen, und zwar aus verschiedenen Gründen:
1. Ein einzelnes Licht von oben wirft Schatten nach unten – auch auf unsere Gesichter. Du bist zu Hause also ständig von optisch traurigen, erschöpften Gesichtern umgeben. Das gibt keine Kraft und kann zusätzlich runterziehen.
2. Wir fühlen uns – je nach Raumgröße – erst mit einer Anzahl von fünf bis sieben Lichtquellen in einem Raum wohl. Große Räume vertragen sogar mehr als sieben Lichtquellen.
3. Am Abend haben wir nur die Möglichkeit, es sehr hell oder sehr dunkel zu haben, wo sich ein Wohnzimmer doch vor allem abends in einen gemütlichen Rückzugsort verwandeln sollte.
Mein Tipp für ein angenehmes Ambiente: Setze verschiedene Lichtquellen idealerweise auf unterschiedlichen Höhen ein und verwende dabei ein Warmweiß mit ca. 2.700 Kelvin. Das funktioniert gut mit Tischlampen, Stehlampen, Wandleuchten. Dabei sind indirekte Beleuchtungen direktem Licht vorzuziehen.
Außerdem rate ich dir zu einer dimmbaren Beleuchtung mit Farbtemperatur-Regler, die du je nach Stimmung und Tageszeit wählen kannst. Hier eignen sich smarte Leuchtmittel von Ikea, Philips oder Osram, die per Fernbedienung oder App steuerbar sind. Hier sollte jede Leuchte auf die gleiche Farbtemperatur und Lichtstärke eingestellt sein, um Unruhe zu vermeiden.
5. Kunterbunt regt auf – welche Farben deine Räume beruhigen
Farben haben eine enorme Wirkung auf uns und erzeugen verschiedene Stimmungen. So entspannen wir uns beispielsweise gut bei einem Blau und fühlen uns dynamisch und lebendig bei allen Rot- und Orangetönen. Dabei ist es egal, ob die ganze Wand mit dem Farbton gestrichen wurde oder Teppich und Textilien in den oben genannten Farbtönen gestaltet sind. Wenn du hochsensibel bist, reagierst du stark auf kräftige, grelle Farben und natürlich auch auf wild zusammen gestellte.
Mein Farb-Tipp für hochsensible und gestresste Menschen: Ich verfolge drei Ansätze in der Farbgestaltung, wenn ein Ambiente beruhigen soll.
Ansatz: Denk an die Strände der Nordsee. Selbst wenn du noch nie dort gewesen sein solltest, hast du sofort ein Farbschema im Kopf. Das sanfte, blasse Beige der Strände, ein graublaues Meer, das Graugrün des Schilfes in den Dünen und ein subtiles Steingrau. Was uns in der Natur beruhigt, beruhigt uns auch zu Hause. Achte dabei auf sanfte Farbtöne mit grauem Unterton.
Ansatz: Für die Farbgestaltung in einem Haushalt, in dem ein hochsensibler Mensch lebt, ist auf eine monochrome Farbharmonie zu setzen. Du wählst eine der Farben, die dich beruhigen aus, setzt diese in verschiedenen Farbtönen (helle und mittlere Töne) ein und kombinierst sie mit einem neutralen hellen Ton wie einem Grau oder Beige. Dabei wirken kühle Töne besonders beruhigend.
Ansatz: Du kannst auch weitestgehend auf Farbe verzichten und mit Weiß-, Beige- und Grautönen spielen. Die Mischung aus Weiß, Grau, Beige und Holz hat eine beruhigende Wirkung auf uns. Denk dabei an Baumwollfelder. Ein Farbschema mit nur sanften Kontrasten, hell und weich, tut uns als hochsensible oder depressive Menschen sehr gut
6. Unordnung macht nervös – aufräumen, strukturieren, entsorgen
Für dich als hochsensiblen Menschen ist der Tipp zur Ordnung nichts Neues, denn du bist sicher sehr ordnungsliebend. Dennoch möchte ich diesen Punkt nicht auslassen, weil er einfach so wichtig ist. Denn so wie unser Zuhause aussieht, sieht es oft in unserem Kopf aus. Unsortiert, chaotisch und unübersichtlich. Als hätten wir die Kontrolle über uns verloren.
Während meines Burn-outs hatte ich diese im wirklichen Leben tatsächlich verloren. Dabei war es für mich wichtiger denn je, dass es zu Hause Tipptop war. Jedes einzelne Teil, das herumlag, hat mich wahnsinnig gemacht, weil sich mein Stresslevel immer auf einem hohen Niveau befand. Du kannst dir vorstellen, wie das für meinen Partner und die Kinder war. Es war aber notwendig für mich, um mein gestresstes Ich etwas zu beruhigen und das Gefühl zu wahren, nicht die gesamte Kontrolle verloren zu haben. Natürlich kann der Wunsch nach Struktur und Ordnung auch zwanghaft werden. Ich möchte in diesem Blogbeitrag lediglich auf die beruhigende Wirkung von einem ordentlichen Zuhause eingehen.
Mein Tipp für ein sortiertes Zuhause: Je strukturierter ein Haushalt, desto wohler fühlen wir uns, denn jeder Handgriff sitzt. Die Schere hat einen festen Platz, die Schuhe sind verstaut und die Zeitschriften werden regelmäßig aussortiert und entsorgt.
Finde für jedes Teil im Haushalt einen festen Platz – idealerweise verstaut in einer Schublade oder hinter einer Schranktür. Dafür gibt es Schubladeneinteilungen und Boxen, die auch innerhalb des Stauraumes Ordnung gewährleisten. Dinge, die kaputt sind oder nicht mehr benötigt werden, kommen nicht in den Keller, sondern werden direkt entsorgt oder gespendet. Landet es im Keller oder Speicher, bleibt es in deinem Kopf und der ist ohnehin schon pickepacke voll.
Tipp: Reserviere feste Zeiten im Kalender, an denen du aussortierst – sei es im Lebensmittelschrank, Kleidung oder Dinge, die nicht mehr gebraucht werden. Ein 3-Monats-Zyklus eignet sich gut dafür, weil in dieser Zeit zwar sicherlich einiges anfällt, doch der Aufwand noch überschaubar ist.
Gut zu wissen: Falls du durch dein Fenster auf eine Häuserfassade blickst, wähle Gardinen, die das Fenster und den Blick nach draußen etwas verschwimmen lassen. So bleibt dein Fokus im Inneren und du hast nicht das Gefühl der Unruhe von draußen ausgesetzt zu sein. Selbstverständlich kommt es hier immer auf den Ausblick an.
Mein Fazit, wenn du dich fragst, welche dieser Punkte du berücksichtigen solltes, wenn dein Wohnzimmer zum stressfreien Rückzugsort werden soll, muss immer individuell beantwortet werden. Wenn du Kinder hast, wirst du davon nicht alles umsetzen können.
Frage dich deshalb also: was macht mich nervös?
Der Gedanke daran überfordert dich? Ich unterstütze dich gerne bei der Umsetzung deines Rückzugsortes, der dir gut tut und dich auffängt.